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Überfahrt zur Ajaja Bucht

31.07.2005, 6:00 Uhr: Heute heißt es "Früh aufstehen". So richtig schlau geworden bin ich aus Marjasows Begründung nicht, warum das auf einmal so zwingend war, heute schon zur Ajajabucht auszulaufen und dann noch in dieser Herrgottsfrühe.

Beim Auslaufen aus dem Hafen von Sewerobaikalsk. Der Leiter des Frolicha-Naturreservates brachte uns zur Ajaja-Bucht.
Beim Auslaufen aus dem Hafen von Sewerobaikalsk. Der Leiter des Frolicha-Naturreservates brachte uns zur Ajaja-Bucht. Sein Boot war eine relativ kleine, aber schnittige und kraftvolle Motorjacht.
Wir packten also, frühstückten und fuhren mit Evgenij Aleksandrowitsch zum SchTEO, wo wir Ausrüstung, Werkzeug und Vorräte aufluden. Marjasow drängte. Er meinte, der Leiter des Naturreservates könnte womöglich ohne uns auslaufen, weil er widerum diese wichtigen Moskauer nicht warten lassen wollte. Wir waren aber trotzdem pünklich am Hafen, wo Marjasow uns am Anleger mit dem Leiter des Naturreservates Frolicha bekannt machte.Ich erkannte das Gesicht. Er war in der
MDR-Reportage "Wildniss-Wodka-Wertarbeit" zu sehen gewesen und berichtete dort über einen Vorfall, bei dem zwei Parkranger auf der Landzunge "Jarki" von Wilderern erschossen wurden und die Rangerstation dort niedergebrannt wurde. Er war ein ziemlicher Hillbilly, brummig und maulfaul, aber ich versuchte, ihm leutselig zu kommen. Wärend der Überfahrt gab er dann doch noch einiges Wissenswertes zum Besten, nicht ohne mich darauf aufmerksam gemacht zu haben, daß er hier nicht nur ein Bootsführer, sondern der Reservatsleiter sei.
Sein Boot war eine relativ kleine, aber schnittige und kraftvolle Motorjacht.

Der Hafen und die Skyline von Sewerobaikalsk bleibt hinter uns zurück und verschwand bald im Dunst.
Der Hafen und die Skyline von Sewerobaikalsk bleibt hinter uns zurück und verschwand bald im Dunst.
Ein junger Bursche, der Marjasow freudig begrüßte, half mit beim Beladen und wurde uns schließlich als Andrej, einer der Camp-Teilnehmer aus Severobaikalsk vorgestellt. Nachdem wir alle mann an Board waren und uns von Evgenij Aleksandrowitsch verabschiedet hatten, platzierte er sich in einer Ecke und schlief bald ein - scheinbar war im das heutige Aufstehen auch etwas zu früh erschienen. Somit liefen wir in Severobaikalsk aus.

Das Boot nahm eine enorme Fahrt auf. Mit meinem Garmin Geko konnte ich 50 km/h messen, also über 30 Knoten. Das würde bedeuten, wir brauchen bis zur Ajaja Bucht weniger als eine Stunde, wo doch die Kutter der Jaroslawets-Klasse etwa 3 Stunden benötigen. Severobaikalsk entfernte sich schnell und das Boot hinterließ heckseits einen schäumenden Gischtstreifen.

Das Boot läuft in der Frolichabucht ein.
Das Boot läuft in der Frolicha-Bucht ein.
Es war windstill und würde wohl ein heißer Tag werden.
Es war windstill und würde wohl ein heißer Tag werden.
An der Nordflanke der Bucht röhrte ein Motor auf und ein Boot löste sich vom Ufer in unsere Richtung. Es war der zuständige Parkwächter.
An der Nordflanke der Bucht röhrte ein Motor auf und ein Boot löste sich vom Ufer in unsere Richtung. Es war der zuständige Parkwächter.
Die schlechte Fernsicht aufgrund der langen Trockenheit und der verschieden Waldbrände in der Umgebung führten auch dazu, dass die jeweils andere Seeseite nicht zu sehen war. Recht schnell verschwand Severobaikalsk und somit die Westseite im Dunst, aber dafür tauchte bald die gebirgige Ostküste aus dem Grau. Nach 40 Minuten liefen wir bereits in die Bucht Ajaja ein. Sie war wirklich so schönen, wie sie den Ewenken erschienen sein muß, welche ihr diesen Namen gaben: "Schöne schöne Bucht".

Nach dem Anlanden und Stoppen der Motoren begrüßte uns die Ajaja mit morgentlich-andächtiger Ruhe. Die Sonne nahm gerade Kraft auf und strahlte über die Berge auf den Baikal. Es war windstill und würde wohl ein heißer Tag werden. Doch jetzt würde es nochmal hektisch werden - ausladen war angesagt.

Gleichzeitig röhrte an der Nordflanke der Bucht ein Motor auf und ein Boot löste sich vom Ufer in unsere Richtung. Es war der zuständige Parkwächter, der dort eine Blockhütte hatte und das Geschehen am Zugang zum Frolicha-Naturreservat zu überwachen hatte. Während wir ausluden, lief er das Ufer neben dem Boot seines "Chefs" an und begrüßte ihn. Danach wandte er sich an mich und fragte mich nach meinem Besuchserlaubnis. Sein Chef bremste ihn und erklärte ihm, wir seien die Vorhut der Volonteure, die hier ab morgen den Wanderweg zum Frolichasee als Eco-Patrouille pflegen werden. Damit war für den Parkwächter alles klar und er düste mit seinem Boot zurück zu seiner Blockhütte, die übrigens mit bloßem Auge am Waldrand kaum zu erkennen war.

Eine passende Stelle für unser Camp fanden wir etwa hundert Meter landeinwärts. Es war für eine Camp von 12 Personen bestens geeignet und hatte eine Picknick Lodge mit Dachgestell, über welches man ein Tarp spannen konnte, sowie eine Art Sommerküche, ein überdachter Verschlag ohne Wände mit einer Grundfläche von 2,5 mal 2,5 Metern und einer Feuerstelle davor.

Eine passende Stelle für unser Camp fanden wir etwa hundert Meter landeinwärts.
Eine passende Stelle für unser Camp fanden wir etwa hundert Meter landeinwärts.
Nun hatten wir erstmal unser Gepäck, die Ausrüstung und Verpflegung vom Strand zu schleppen, wofür wir den Weg mehrmals laufen mussten.
Nun hatten wir erstmal unser Gepäck, die Ausrüstung und Verpflegung vom Strand zu schleppen, wofür wir den Weg mehrmals laufen mussten.
Nach und nach nahm unser Camp Konturen an und gegen Mittag war alles getan und das erste Essen in der Wildnis bereits zubereitet.
Nach und nach nahm unser Camp Konturen an und gegen Mittag war alles getan und das erste Essen in der Wildnis bereits zubereitet.
Nun hatten wir erstmal unser Gepäck, die Ausrüstung und Verpflegung vom Strand zu schleppen, wofür wir den Weg mehrmals laufen mussten. Die Vorräte stapelten wir gleich in den überdachten Verschlag. Die Werkzeuge lagerten wir in einem Extrazelt ein, welches wohl übrigbleiben würde, da wir zwei eigene Zelte dabei hatten und auf die Zelte vom GBT nicht angewiesen waren.

Nach und nach nahm unser Camp Konturen an und gegen Mittag war alles getan und das erste Essen in der Wildnis bereits zubereitet. Dabei hatten wir sogar noch mit dem Zeltaufbau etwas warten müssen, da eine Gruppe Kanuwanderer gerade an selbiger Stelle noch ihre Zelte abbaute.

Der Rest des Tages wurde dem schönen Wetter enstprechend gebadet und gefaulenzt. Das Wasser in der Ajajabucht war relativ angenehm. So warm, wie hier wird der Baikal nur in sehr tief eingeschnittenen Buchten mit flachem Wasser.Wir waren vorerst 5 Mann, vier Deutsche und ein Russe. Nun waren wir auf unsere erste Nacht und vor allem auf die morgige Verstärkung unseres Camps gespannt.

über Goudschekit zurück

30.07.2005, 15:00Uhr: Unser Kleinbus stand, wie vereinbart da. Der Fahrer sagte, er sei zurück in die Stadt gefahren und wieder hierher. Unterwegs hatte er auch noch eine Reifenpanne und musste das Rad wechseln. Vermutlich ist er lediglich bis Goudschekit zurückgefahren und hat dort die Zeit verbracht, aber die 8 Stunden (je 250 Rubel) für diesen Service (also 2000 Rubel) waren OK und durch vier Personen geteilt, waren es lediglich 17 Euro pro Nase.

Die Temperatur des Wassers in den beiden Becken würde ich mit HEISS und SEHR HEISS beschreiben, also auch das gemäßigtere Becken war weit über 40°C.
Die Temperatur des Wassers in den beiden Becken würde ich mit "heiß" und "sehr heiß" beschreiben, also auch das gemäßigtere Becken war weit über 40°C.
Nach einem Gruppenfoto vor dem Kleinbus machten wir uns auf die Rückfahrt. Wasja empfahl uns, unbedingt in Goudschekit (engl. Goudshekit) an der heißen Quelle halt zu machen und unsere Muskulatur im heißen Wasser etwas zu entspannen. Anfangs hatten wir keine rechte Meinung dazu, aber im Nachhinein war es gut, dass wir uns dieses Erlebnis nicht entgehen ließen - nicht nur zur Abwendung eines Muskelkaters.
Der Bereich der heißen Quellen besteht aus einer Ansammlung von Holzhäusern mit einem Hauptgebäude, welches Umkleidekabinen, einen Imbiss und eine anschließende Anlage mit Becken aus Beton beinhaltete.

Die Temperatur des Wassers in den beiden Becken würde ich mit "heiß" und "sehr heiß" beschreiben, also auch das gemäßigtere Becken war weit über 40°C. Der ganze Spaß kostete einen minimalen Obulus von einigen Rubeln. Es war ein toller Abschluss nach der anstrengenden Tour. Nach etwa einer Stunde fuhren wir weiter zurück in Richtung Severobaikalsk.

Nun folgte ein Erlebnis, welches uns aus Dummheit die nächste Panne bescherte. Gemäß dem Sprichwort: "Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen", möchte ich diese Episode kurz schildern:
Jetzt hatten wir ein ernsthaftes Problem und der Fahrer begann, die Kraftstoffpumpe auseinander zu bauen.
Jetzt hatten wir ein ernsthaftes Problem und der Fahrer begann, die Kraftstoffpumpe auseinander zu bauen.
Wir kommen auf dem Rückweg wieder an der buddhistisch geweihten Stelle vorbei. Ganz in der Nähe sehen wir einen Plastikkanister am Wegesrand stehen. Es ist ein 10-Liter-Kanister, etwa zu einem Viertel voll. Wasja und der Fahrer treten in einen Disput: "ob da was Brauchbares drin ist?" usw. Und der Fahrer hält schließlich. Beide begutachten den Kanister und den Inhalt, schnuppern abwechselnd daran und enscheiden schließlich: Das ist Dieselkraftstoff - es wäre schade, ihn stehen zu lassen.
Nach einigem hin- und her wird der Kanister schließlich in den Tank gefüllt und zufrieden geht die Fahrt weiter.
Nach etwa 10 Minuten kommt aus dem Auspuff eine enorme weisse Wolke, der Motor bockt und nichts geht mehr. Spätestens jetzt ist klar, dass das Meiste in dem Kanister Wasser war, wo wahrscheinlich nur obenauf etwas Diesel schwamm. Jetzt hatten wir ein ernsthaftes Problem und der Fahrer begann, die Kraftstoffpumpe auseinander zu bauen.

Wasja erklärte mir, es handele sich dabei um Kulissen für Dreharbeiten an einer Dschingis- Khan-Verfilmung von Steven Segal, die vor einiger Zeit hier statt gefunden habe.
Wasja erklärte mir, es handele sich dabei um Kulissen für Dreharbeiten an einer Dschingis- Khan-Verfilmung von Steven Segal, die vor einiger Zeit hier statt gefunden habe. Es war ein mittelalterliches Holzdorf mit orthodoxer Holzkirche, die meisten Gebäude hatten lediglich Fassade und Seitenwände, aber keine Rückwand. Aus der richtigen Perspektive betrachtet ergab das Ganze ein idyllisches Dorf.
Wir hingegen nutzten die Zeit, um uns die Beine zu vertreten und um zu einem vermeintlichen Dorf zu gehen, dessen Gebäude in einer Entfernung von einigen 100 Metern zu sehen waren. Zumindest die Jungs glaubten, es sei ein Dorf, aber Wasja erklärte mir, es handele sich dabei um Kulissen für Dreharbeiten an einer Dschingis- Khan-Verfilmung von Steven Segal, die vor einiger Zeit hier statt gefunden habe. Ich habe zwar später von diesem Film nichts mehr gehört, aber als wir bei den Hütten anlangten, konnten wir ohne Zweifel erkennen, dass es sich im Filmkulissen handelte.
Es war ein mittelalterliches Holzdorf mit orthodoxer Holzkirche, die meisten Gebäude hatten lediglich Fassade und Seitenwände, aber keine Rückwand. Aus der richtigen Perspektive betrachtet ergab das Ganze ein idyllisches Dorf vor einer schönen Naturkulisse direkt am Ufer der Tyja, die als Wildwasser vorbeiströmt.

Vom Flußbett der Tyja aus konnte man nochmal gut die Waldbrände bei Goudshekid sehen.
Vom Flußbett der Tyja aus konnte man nochmal gut die Waldbrände bei Goudshekid sehen.
Somit war diese Panne schließlich zu etwas gut und während unser Fahrer sich damit quälte, das Wasser aus der Kraftstoffanlage zu bekommen stromerten wir mehr als eine Stunde an diesem Ort herum. Vom Flußbett der Tyja aus konnte man nochmal gut die Waldbrände bei Goudshekid sehen.
Angeblich waren sie aus Unachtsamkeit von den Geologen verursacht worden, welche die Trassierung der nord-ost-Pipeline vornehmen sollten. Aber das kann auch ein Gerücht sein, da diese Pipeline ein eher unerwünschtes Projekt in dieser Gegend ist und somit ein Waldbrand mal schnell den unbeliebten Geologen zugeschrieben wird.

Die Entwässerungsversuche unserer Fahrers machten Fortschritte. Bei jedem neuen Startversuch machte der Motor ein paar Kolbenschläge mehr um aber dann trotzdem wieder zu verrecken. Schließlich kam ein anderer Problem auf. Die Batterie war leer.

Zwei Stunden lagen wir schon fest und nun wurde klar - brauchten Hilfe. In der ganzen Zeit waren vielleicht 3 Autos vorbeigekommen, alles Ladas, die uns nicht wirklich helfen konnten. Mit einem dieser Ladas fuhr Wasja schließlich mit nach Severobaikalsk, um Hilfe zu holen. Kurz nachdem er fort war, kam ein LKW von Goudshekid gefahren, eine mächtige Staubfahne hinter sich aufwirbelnd.
Während unserer Zwangspause streunten wir am Ufer der Tyja (engl. Tyya) herum, deren über hundert Meter breites Bett fast vollständig trocken gefallen war und sammelten Heidelbeeren (hier: Wasja und ich).
Während unserer Zwangspause streunten wir am Ufer der Tyja (engl. Tyya) herum, deren über hundert Meter breites Bett fast vollständig trocken gefallen war und sammelten Heidelbeeren (hier: Wasja und ich).
Er hielt und bot uns gleich seine Hilfe an. Und die war sehr einfach. Er wollte uns so lange mit eingekuppeltem Motor schleppen, bis das ganze Wasser durch die Kraftstoffleitung durch war und der Motor anspringt. Gesagt - getan, und nach 10-minütigem Schleppen, welches wir im Fokus seiner imensen Staubfahne erleben durften, sprang der Motor des Kleinbusses schließlich an und lief erst wiederwillig, aber dann immer runder. Allerdings musste unser Fahrer noch zwei Minuten hupen, bis der LKW mitbekam, dass er anhalten sollte.

Nun war alles wieder gut und wir verabschiedeten uns gerade, als Wasja mit der Hilfe wiederkam, die wir aber nicht mehr benötigten - zwei Ladas, die aussahen, als benötigten sie selbst Hilfe.

Gegen 9:00 waren wir bei Marjasows Haus. Hier offenbarte er uns nun eine kleine Änderung des Plans: Wir sollten bereits am nächsten Tag zur Ajaja-Bucht übersetzten, einen Tag früher, als geplant und zwar in aller Frühe. Der Chef des Frolicha-Naturreservates wollte mit seinem Schnellboot eine Gruppe Moskauer Trekking-Touristen dort abholen - wichtige Leute aus irgendeinem Ministerium, welches für die Verwaltung des Reservates möglicherweise von Nutzen sein könnten.

Wir hätten zwar gern noch eine Bergtour gemacht, aber wir sahen ein, dass man in Russland solche kurzfristigen Planänderungen flexibel nehmen musste und die Perspektive war gar nicht so schlecht: Eine freier Tag in der Abgeschiedenheit der Ajaja (Schöne-schöne Bucht in der Sprache der Ewenken) als Quartieriére unserer Camps, welches einen Tag später beginnen sollte.

Pik Severobaikalsk

30.07.2005: Heute steht eine ganztägige Bergwanderung auf dem Programm.

Insgesamt waren es etwa 55 km Fahrtstrecke, für die wir 2 Stunden brauchten
Insgesamt waren es etwa 55 km Fahrtstrecke, für die wir 2 Stunden brauchten. Mit dem Fahrer war ein Preis von 250 Rubel pro Stunde vereinbart. Es ging zuerst von Sewerobaikalsk aus das Tyja-Tal hinauf - nach wenigen Kilometern hörte der Asphalt auf und es ging auf Schotter weiter. Dann bogen wir ab nach Westen in Richtung Goudschekit
Am Vorabend haben wir mit Jewgenij Aleksandrowitsch die Tour abgesprochen. Es sollte mit einem Auto bis hinauf auf den BAM-Pass gehen, also dorthin, wo die provisorische Bahnlinie den Baikalskij Chrebet überquerte, bevor der Tunnel fertiggestellt war. Ein Bergführer des SchTEO, Wassili, sollte uns begleiten. Vom Passweg aus wollten wir den südwärts gelegenen Berg begehen, ein namenloser 1840m hoher Berg mit der inoffiziellen Bezeichnung "Severobaikalskaja Gora". Ich werde ihn im weiteren der Einfachheit halber Pik Severobaikalsk nennen.

Wer Interesse hat, die Tour (GPS-vermessen) bei Google Earth nachzuvollziehen, der möge sich meine "
Placemark collection (Ortsmarkensammlung) Pik Severobaikalsk" aus der Google Earth Community herunterladen und einen virtuellen Flug dieser Tour genießen: Direktes Öffnen der Ortsmarken und Anzeigen in Google Earth

Eine heilige Stätte für Buddhisten. Am staubigen Wegesrand ist der Zusammenfluß mehrerer Flüsschen geweiht worden.
Eine heilige Stätte für Buddhisten. Am staubigen Wegesrand ist der Zusammenfluß mehrerer Flüsschen geweiht worden.
Wir starten von Marjasows Haus in einem allradgetriebenen japanischen Minibus. Der Wagen hatte (als Direktimport) Rechtslenkung und hatte seine besten Jahre schon hinter sich. Wasja, unser Guide war pünktlich da. Er soll uns den Berg hinauf führen und uns beim Rasten den Tee kochen usw. Die Fahrt ging nur etwa 10 km zügig auf Asphalt voran, dann wurde die Straße zur Schotterpiste und wir kamen nur noch sehr langsam weiter.

Insgesamt waren es etwa 55 km Fahrtstrecke, für die wir 2 Stunden brauchten. Mit dem Fahrer war ein Preis von 250 Rubel pro Stunde vereinbart. Wasja, unser Führer sollte 800 Rubel bekommen (weniger als 30 Euro). Die Fahrt ging praktisch immer parallel zu Streckenführung der BAM-Linie, mal links, mal rechts des Bahndammes und sowohl Straße als auch Bahn verliefen im Tal der Tyja in die Berge hinein. Wann immer die beiden Verkehrswege gezwungen waren, die Tyja zu überqueren, konnte man erkennen, wie solide die BAM-Brücken und wie lausig die Autobrücken waren. Schließlich gelangten wir an eine Stelle, an der mehrere Täler zusammenliefen und somit auch die Tyja mit zwei anderen Flüsschen zusammenfloss.

Passweg etwa an der Stelle, wo wir unsere Wanderung begannen.
Passweg etwa an der Stelle, wo wir unsere Wanderung begannen.
Der Fahrer hielt an. Ein buddhistisch geweihter, heiliger Ort - häufig geografische Besonderheiten, wie hier der zusammenfluss mehrerer Flüsse gebot ihm, einige Münzen zu opfern und an den Straßenrand zu werfen. Wir taten es ihm gleich. Danach konnte die Fahrt weitergehen.

Bei Goudshekid, einem Ort, an dem es eine heisse Quelle gibt, trennten sich Straße und BAM, welche nun zum Tunnelportal abdrehte. Die Straße aber führte weiter zum Pass, wo wir immer noch den Bahndamm der provisorischen Passführung erkennen konnten. Die Fernsicht war schlecht. Wasja erklärte, es würden überall in der Gegend Waldbrände wüten und somit die Fernsicht beeinträchtigen. Bei Goudshekid konnten wir dann sehen, wie brennende Taiga ausssieht.

In diesem Hochtal kamen bald nur noch Geröllfelder, einige Gletscherseen und sogar Restschneefelder.
In diesem Hochtal kamen bald nur noch Geröllfelder, einige Gletscherseen und bald sogar Restschneefelder.
Zuerst durchschritten wir etwa 1 bis 1,5 km Taiga unter leichtem Anstieg. Einen Trail gab es nicht. Wasja suchte jeweils das beste Durchkommen durchs Unterholz aus. Das ging im Grunde ganz gut, aber auf diesem Abschnitt war die Mückenplage extrem. So versuchten wir, durch gesteigertes Tempo, den dichteren Taiga-Streifen hinter uns zu bringen, was dann doch ganz schön schlauchte. Wasja tat natürlich cool. Weder die Mücken noch das Tempo schienen ihn zu beeindrucken. Er lief voran und wenn er etwas zu weit vorausgelaufen war, ließ er uns geduldig wieder aufschließen.

Wir verließen die Taiga ziemlich plötzlich, indem wir auf einem Geröllfeld herauskamen. Nach diesem Geröllfeld, welches einen Zwischengrat markierte, folgten nur noch Krüppelkiefern und einzelne Bäume. Schneefeld Ende Juli, auch wenn dies nur Restschnee war, meinten wir in Bereichen der Talsohle noch Gletscherschliff erkennen zu können.
Schneefeld Ende Juli, auch wenn dies nur Restschnee war, meinten wir in Bereichen der Talsohle noch Gletscherschliff erkennen zu können.
Schließlich liefen wir fast nur noch über Geröll in ein Tal hinein, dessen Abschluß ein zum Pik Severobaikalsk auslaufender Bergriegel bildete. Wasja nannte dieses Geröllfeld am Talende den Zirkus (Also kreisförmig, wie ein Amphitheater).

Die Geröllbrocken waren teilweise zwei-mann-hoch. Der Aufstieg erfolgte wie bisher ohne Trail und war anstrengend. Erstaunlicherweise folgten uns auch hierher immer noch einige Mücken, wenn auch längst nicht mehr so viele.

Die Granularität des Gerölls lag im Durchschnitt bei über einem Meter Durchmesser, so dass wir uns mit Sprüngen von Felsbrocken zu Felsbrocken bewegten. In etwa 1600m Höhe erreichten wir eine Stelle, auf der wir unseren Umkehrzeitpunkt überschritten hatten und entscheiden mussten, ob wir weitergehen und uns verspäten würden, oder ob wir umkehren. Allerdings würde der Zeitdruck und das schwierige Terrain die Gefahr eines Fehltrittes und möglicherweise eines Unfalls erhöhen.

Dieses Bild zeigt die Granularität des Gerölls, über welches wir aufstiegen. Es zeigt auch etwa die Stelle in 1600m Höhe, auf der wir unseren Umkehrzeitpunkt überschritten hatten.
Dieses Bild zeigt die Granularität des Gerölls, über welches wir aufstiegen. Es zeigt auch etwa die Stelle in 1600m Höhe, auf der wir unseren Umkehrzeitpunkt überschritten hatten.
Somit entschlossen wir uns zur Umkehr, ohne den Gipfelpunkt erreicht zu haben.

Einen Augenblick genossen wir noch den Ausblick, der allerdings durch die eingeschränkte Fernsicht etwas getrübt war. Dennoch war es faszinierend, in dieser Berglandschaft eine rauhe, vollkommen unberührte Natur um sich zu sehen. An einem der Gletscherseen weiter unter würden wir eine Rast einlegen, denn es war schon nach 12:00 Uhr und wir waren recht ausgehungert. An einer passenden Stelle konnten wir unser Picknick abhalten und Wasja kochte uns, wie versprochen einen Tee mit Beigaben von Kräutern, die er unterwegst gesammelt hatte.

Picknik und tea time - Wasja kochte uns einen Tee mit Beigaben aus unterwegs gesammelten Kräutern und wir aßen von unseren Vorräten.
Picknik und "tea time" - Wasja kochte uns einen Tee mit Beigaben aus unterwegs gesammelten Kräutern und wir aßen von unseren Vorräten.
Wasja erklärte uns bei dieser Gelegenheit, dass die Einwohner diesen Berg südlich des Passes "Severobaikalskaja Gora" nennen und den Berg gegenüber aber, also nördlich vom Pass nennen sie zu Ehren der Patenstadt für den Severobaikalsker BAM-Abschnitt "Leningradskaja Gora" - aber wie gesagt, dies sind wohl inoffizielle Namen.

Danach machten wir uns an den Abstieg, um pünklich unseren Fahrer wieder zu treffen. Ich kann nur sagen, beim Fortbewegen durch eine solche Landschaft ohne jeglichen Trail wirkt jeder Kilometer, wie 5 km auf einem gangbaren Pfad.
Um zu verdeutlichen, wie die Taiga beschaffen war, die wir auf dem Rückweg wieder durchmessen mussten, hier noch ein Foto an einem Bächlein.
Um zu verdeutlichen, wie die Taiga beschaffen war, die wir auf dem Rückweg wieder durchmessen mussten, hier noch ein Foto an einem Bächlein.
Aus der Ferne wirkte der scheinbar schmale Taigastreifen karg und spärlich. Zudem schienen die wenigen hundert Meter, die er in der Breite maß, eher lächerlich. Doch ist man erstmal in diesem Dickicht gefangen, kann man nur noch durch's Unterholz walzen und dabei die Mücken abwehren, was enorme Anstrengungen abverlangt.

15:00 Uhr: Am Passweg kamen wir ziemlich pünktlich an, aber der Tag sollte damit noch lange nicht zu Ende sein. Zunächst einmal hofften wir, dass unser Fahrer genauso pünktlich am vereinbarten Ort sein würde, wie wir, denn wir waren nicht wirklich erpicht darauf, nach einem so anstrengenden Marsch noch lange am staubigen Wegesrand zu warten.

Als wir aber das Dickicht verließen, konnten wir aufatmen. Der Minibus stand da und wartete. Bevor wir einstiegen, machten wir noch ein Gruppenbild mit Wasja in der Mitte vor unserem Transportmittel. Der Fahrer machte das Foto.

Als wir aber das Dickicht verließen, konnten wir aufatmen. Der Minibus stand da und wartete. Bevor wir einstiegen, machten wir noch ein Gruppenbild mit Wasja in der Mitte vor unserem Transportmittel. Der Fahrer machte das Foto.

Das umzäunte Gelände im Hintergrund ist ein verlassener Bauhof aus der Zeit, als vor der Fertigstellung des Tunnels die BAM-Baustrecke noch hier über den Pass führte. Im Hintergrund sieht man das Seitental, aus dem wir abgestiegen sind

Endlich am Baikal

29.07.2005: Der letzte Tag unserer langen Bahnfahrt bricht an. Es wird kein ganzer Tag mehr werden, gegen 13:00 Ortszeit werden wir am Ziel sein. Trotzdem ist dieser Tag landschaftlich am aufregendsten. Wir stehen beizeiten auf um die Überquerung der Lena bei Ust-Kut mit zu erleben.

Dieses Bild zeigt die die Bahnlinie im Tyja-Tal, wo es bereits in Richtung Severobaikalsk hinunter geht
Von Ust-Kut haben wir leider keine Fotos. Dieses Bild zeigt die die Bahnlinie im Tyja-Tal, wo es bereits in Richtung Severobaikalsk hinunter geht. Oben rechts am Berghang sieht man Spuren eines Waldbrandes, wie sie zu dieser Zeit überall in der Gegend wüten. Daher ist die Luft auch voller Dunst und die Fernsicht ist schlecht.
Auch die
Lena ist einer der sibirischen Riesenflüsse, die ins Nordpolarmeer münden. Doch hier in Ust-Kut ist sie gerade erst schiffbar geworden. Ust-Kut ist im Fahrplan der russischen Bahn nicht enthalten. Die Station ist nicht nach der Stadt, sondern nach dem Fluss benannt, den die Bahn hier überquert, also "Lena".

Nach der Bahnstation "Lena" in Ust-Kut geht es ein Stück parallel zum Fluß in Richtung Norden und dann schwenken die Gleise nach Osten und überqueren die Lena. Hinter der Brücke schwenkt der Zug wieder nach Norden. Die Gleise winden sich nun am Hang der Ostseite hinauf in den Berg, bis sie irgendwann in ein ostwärts verlaufendes Tal schwenken. Nun sind wir wieder auf Ostkurs und die Landschaft wird immer bergiger.

Man kann am Gleiskörper und an der Oberleitungsanlage erkennen, dass die BAM eine relative junge Bahnlinie ist
Man kann am Gleiskörper und an der Oberleitungsanlage erkennen, dass die BAM eine relative junge Bahnlinie ist.
Die Fahrt wird immer abwechslungreicher, die Strecke immer gewundener und die Berge immer höher. Hinter Kirenga erreichen wir schließlich den Fuß des Baikalskij Chrebet, der Wasserscheide des
Baikalgebirges. Noch vor wenigen Jahren führte eine provisorische Strecke hier über den Pass. Doch seitdem der BAM-Tunnel vollendet wurde, nimmt die Bahnlinie in einer eleganten Schleife Anlauf auf den Berg, um dann ostwärts in den Berg einzufahren. An beiden Tunnelportalen sind bewaffnete Soldaten postiert. (Bei unserer Reise 2006 haben wir etwas mehr Fotos davon gemacht, also Geduld bis dahin).

Auf der anderen Seite passieren wir recht bald Goudshekid und schwenken in Tyja-Tal ein. Dort, wo die Tyja in den Baikal mündet, sind wir am Ziel:
Severobaikalsk.

Vor Marjasows Haus in Saretschnoje
Vor Marjasows Haus in Saretschnoje.
Wir rechneten damit, abgeholt zu werden, doch auch nach einigem Warten (auf dem Bahnsteig und dann vor dem Bahnhofsgebäude) können wir keinen Empfang erkennen. Aljona vom GBT hatte eigentlich in der E-Mail versichert, sie würde uns abholen. Vielleicht ist der Grund für das Missverständnis, dass ich als Ankunftszeit Moskauer Zeit angegeben hatte. Also sprachen wir schließlich einen Taxifahrer an, der sich bereits zuvor angebiedert hatte und fragten, ob er das SchTEO (Schule für Tourismus und ökologische Bildung) kenne. Das SchTEO kennt hier jeder, entgegnete er und nannte uns seinen Preis (den ich mir nicht gemerkt habe, weil es absolut billig war). Also kutschierte er uns in SchTEO, was schätzungsweise 3 Kilometer vom Bahnhof liegt. Hier wurden wir schließlich gebührend begrüßt und einige Formalitäten wurden gleich in Angriff genommen, wie etwa die obligatorische Passregistrierung. Der 8. Kilometer
Der 8. Kilometer: Eine Badestelle am Baikal, 8. Kilometer westlich von Severobaikalsk an einer Stelle wo der Baikal in einer Bucht sehr flach abfällt.
Aljonas Vater, Evgenij Aleksandrowitsch Mariasow schlug vor, uns in seinem eigenen Haus einzuquartieren (zum Freundschaftspreis von 5 Euro pro Nacht und Nase), was wir dankend annahmen. Wir kauften noch etwas Verpflegung ein und fuhren mit seinem Lada in den Ortsteil "Saretschnoje" einer Eigenheimsiedlung (oder Datschenviertel).

Er empfahl uns, den Nachmittag auszuspannen und zum Baikalstrand am 8. Kilometer zu fahren. Wir sollten mit einem Taxifahrer Hin- und Rückfahrt zum Festpreis vereinbaren. Der würde uns zur festgelegten Zeit auch wieder abholen. Das funktionierte reibungslos und wir verbrachten etwa 2 Stunden am Baikalstrand.

Wir kehrten beizeiten zurück und vereinbarten für den nächsten Tag eine Bergwanderung in der Nähe von Goudshekid.

Baikal-Amur-Magistrale

Krasnojarsk: Die Bahnsteige sind teilweise noch in Arbeit und daher fehlt gerade auch auf unserem Bahnsteig das Pflaster
Krasnojarsk: Die Bahnsteige sind teilweise noch in Arbeit und daher fehlt gerade auch auf unserem Bahnsteig das Pflaster. Unter der Nebelbank fließt der Jenissej
28.07.2005:
Am Morgen dieses Tages erreichen wir Krasnojarsk. Der Bahnhof ist scheinbar restauriert worden und ist sehr schön anzuschauen. Die Bahnsteige sind aber teilweise noch in Arbeit und daher fehlt gerade auch auf unserem Bahnsteig das Pflaster.

Beim Blick in Fahrtrichtung erkennen wir eine Nebelbank, über der sich bergige Landschaften erheben - die ersten Ausläufer des Sajan. Unter der Nebelbank aber fließt der Jenissej, der wasserreichste der nordwärts fließenden sibirischen Ströme. Nach der Abfahrt vom Krasnojarsker Bahnhof überqueren wir ihn. Er ist bereits hier riesig, obwohl er gerade erst das Sajan-Gebirge verlässt und sich noch nicht mit der Angara vereinigt hat.

Nachdem wir ihn passiert haben rollen wir in die Ausläufer der Westsajan, wobei sich die Landschaft nicht nur tektonisch ändert. Die dichtere Taiga, die wir seit gestern Abend durchfahren haben, lichtet sich wieder. vor allem die Südlagen der Berge und Hügel sind nun von Grassteppe bedeckt.

Taischet: Die Streckenführung der BAM (Baikal-Amur-Magistrale) ist mit der Transsibirischen identisch bis Taischet
Taischet: Die Streckenführung der BAM (Baikal-Amur-Magistrale) ist mit der Transsibirischen identisch bis Taischet. Aber hier trennen sich ihre Wege.
Wir nähern uns am frühen Nachmittag Taischet. Die Bedeutung dieser Station ist eine Besondere. Bislang sind wir auf einer Strecke der transsibirischen Eisenbahn gefahren. Die Streckenführung der BAM (Baikal-Amur-Magistrale) ist mit der Transsibirischen identisch bis Taischet. Aber hier trennen sich ihre Wege. Der Baikalsee, von dem wir noch 1000 km entfernt sind, ist ein riesiges Verkehrshindernis. Ein etwa 600 km langer Riegel in nord-süd Richtung, den man umfahren muß. Die Transsibirische Eisenbahn tut dies seit Zarenzeiten im Süden. Als man in der Ära der Sowjetunion diese als zu unsicher ansah, da sie ohne jegliche Optionen, dafür aber stets gefährlich nahe der Landesgrenze verlief, beschloss man den Bau einer nördlichen Alternative, der Baikal-Amur-Magistrale.

Man kann beim Verlassen von Taischet gut beobachten, wie sich der Rangierbereich der Station irgendwann aufteilt und eine Streckenführung Richtung Süden dreht, während wir auf Nord-Ost-Kurs gehen.
Beschaulicher abendlicher Verpflegungshalt
Beschaulicher abendlicher Verpflegungshalt. Die Sonne steht tief im Westen. Die Menschen auf dem Bahnsteig sind im Wesentlichen die Reisenden aus unserem Zug, die sich an den Kiosken versorgen, oder sich einfach nur die Beine vertreten.
Dies ist nun die eigentliche BAM. Man merkt den Unterschied auf Anhieb. Auch wenn die Strecke bis Bratsk bereits vor der großen BAM-Initiative bestanden hat und am Anfang auch noch zweigleisig ist, merkt man doch sehr schnell die abgeschiedenere Streckenführung mit weniger Urbanisierung, weniger Gegenzügen (am meisten Holztransporte) und einer überwältigenden Kontinuität der Taiga. Man fährt stundenlang durch ein Meer aus Bäumen.
Die wenigen Orte, die wir passieren, sind Holzverladeplätze, selbst größere Haltepunkte wirken beschaulicher, als entlang der immer betriebsamen Transsib.

Beim Überqueren des Staudammes können wir einen Blick zurück über den Stausee werfen und sehen die Sonne im Westen untergehen
Beim Überqueren des Staudammes können wir einen Blick zurück über den Stausee werfen und sehen die Sonne im Westen untergehen.
An dieser Stelle möchte ich unsere Wagonbegleiter erwähnen. Es ist eine blonde Frau und ein aus dem Kaukasus stammender Mann, beide aus Tynda. Sie sind nicht miteinander liiert, was man möglicherweise denken könnte, sondern der Dienstplan hat sie offensichtlich so zusammengebracht.
Interessant war dabei, dass der Mann seine beiden kleinen Söhne ebenfalls mit im Wagon hatte. Er sagte, er könne ihnen sonst nicht viel bieten. Aber er könne sie praktisch kostenlos einmal im Jahr Bahn fahren lassen und so habe er ihnen Moskau zeigen können.
Beide "Provodniks" waren stets hilfbereit und zuvorkommend. Die Blonde freute sich schon auf Tynda, ihre Heimatstadt. Sie habe einen kurzen Urlaub und die Bahnfahrt nach Moskau und zurück sei schon ein hartes Stück Arbeit. Die Wagonbegleiter haben während der gesamten Fahrt sozusagen im 2-Schicht-Betrieb abwechselnd Dienst. Dazu gehören alle Möglichen Arbeiten im Wagon.
Untergehende Sonne über dem Bratsker Stausee
Untergehende Sonne über dem Bratsker Stausee.
Allerdings habe ich beim täglichen Staubsaugen im Gang und in den Abteilen immer nur sie gesehen, was somit die historische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau auch hier offenbar werden lässt
.

Auch wenn diese endlose hügelige Taiga wunderschön ist, so ist sie auf Dauer nicht sehr spektakulär. Etwas Aufregenderes würde und aber am Abend noch bevorstehen: Der Staudamm des Bratsker Wasserkraftwerkes, dieses Stromgiganten an der Angara.

Vor uns liegt die Staumauer des gigantischen Bratsker Wasserkraftwerkes
Blick in Richtung der Staumauer des gigantischen Bratsker Wasserkraftwerkes, bevor der Zug darüber hinweg rollt.
Beim Überqueren des Staudammes können wir einen Blick zurück über den Stausee werfen und sehen die Sonne im Westen untergehen.

Auf der anderen Seite des Stausees halten wir an der Station "Gidrostroitel" (Hydro-Erbauer), eine adrette Bahnstation, die an die Erbauer dieses Riesenprojektes erinnert. Dannach rollen wir wieder in die Nacht.

flache Einöde Westsibiriens

Omsk: Streunende Hunde und Fußgänger, die ihren Weg über die Gleise abkürzen
Omsk: Streunende Hunde und Fußgänger, die ihren Weg über die Gleise abkürzen.
27.07.2005
: Die Landschaft hat sich wieder verändert, wahrscheinlich schon seit Tjumen - flache Weiten.

In Omsk überqueren wir den Ersten der sibirischen Riesenflüsse, welche ins Nordpolarmeer fließen, den Irtysch. Wir überwinden unsere Faulheit und nutzen den längeren Halt, um uns ein wenig auf dem Bahnsteig zu bewegen. In Omsk hatte es scheinbar unlängst geregnet und der Bahnsteig war nass. Doch die Wolken verzogen sich bereits und es schien wieder ein sonniger Tag zu werden.

Als hätte der liebe Gott mit einer riesigen Maurerkelle die Landschaft glattgestrichen. Tausend Kilometer flaches Land
Als hätte der liebe Gott mit einer riesigen Maurerkelle die Landschaft glattgestrichen. Tausend Kilometer flaches Land.
Dann heißt es wieder einsteigen und wir verlassen die Metropole Westsibiriens.

Die eintönige Landschaft, durch die wir rollen, wird noch bis Novosibirsk die unveränderte Kulisse hinter unseren Wagonfenstern bilden. Über tausend Kilometer, aber anders als westlich des Urals sieht man hier keine durchgängigen Wälder, sondern Birkenhaine, lockere Baumgruppen in einer Wiesenlandschaft. Es scheinen häufig Feuchtwiesen zu sein, kein viehwirschaftlich verwertbares Futtergras, sondern eher Binsen. Diese Landschaft steckt uns an, in Lethargie zu verfallen und den ganzen Tag mehr oder weniger zu dösen und nichts zu tun.

Zuerst rollen wir über den Ob, den nächsten sibirischen Riesenfluß und nach einigen Minuten urbaner Landschaft halten wir am Bahnhof
Zuerst rollen wir über den Ob, den nächsten sibirischen Riesenfluß und nach einigen Minuten urbaner Landschaft halten wir am Bahnhof.
Als wir am frühen Abend in Novosibirsk einrollen, empfinden wir das als Erlösung und hoffen auf endlich abwechslungsreichere Landschaften. Doch erst einmal sind wir in Novosibirsk, der Hauptstadt Sibiriens und der drittgrößten Stadt Russlands (nach Sankt Peterburg und noch vor Nishni Novgorod).

Zuerst rollen wir über den Ob, den nächsten sibirischen Riesenfluß und nach einigen Minuten urbaner Landschaft halten wir am Bahnhof. Natürlich nutzen wir den Halt, um uns die Beine zu vertreten. Die Zeit reicht sogar, um sich das Bahnhofsgebäude anzuschauen und von der Fußgängerbrücke einen besserer Überblick zu bekommen.

Der Bahnhof von Nowosibirsk, der Hauptstadt Sibiriens
Der Bahnhof von Nowosibirsk, der Hauptstadt Sibiriens.
Es ist schon später Nachmittag, auch wenn der Zugfahrplan frühen Nachmittag anzeigt. Als wir aus Novosibirsk rollen, klingt auch dieser Tag fast schon aus.

Die russische Eisenbahn hat landesweit eine einheitliche Zeit: Die Moskauer Zeit. Alle Fahrpläne sind mit Angaben in Moskauer Zeit ausgewiesen, was dazu führt, das man mit jeder Zeitzone, die man weiter nach Osten kommt, eine stets größere Differenz zwischen Ortszeit und der "Russischen Bahnzeit" entsteht. Am Baikal werden das schon 6 Stunden sein.

Die Landschaft bleibt weiterhin flach, aber die Bewaldung nimmt zu. Das sollte sie auch, denn bald werden wir die Station "Taiga" erreichen. Und was wäre die Station "Taiga" ohne echte Taiga um sie herum. Es dämmert bereits, als wir die Station Taiga erreichen und wir rollen nach kurzem Halt weiter in die Nacht.

und plötzlich Sibirien

Unaufhaltsam rollt unser Zug auf die Grenze zwischen Europa und Asien zu
Unaufhaltsam rollt unser Zug auf die Grenze zwischen Europa und Asien zu.
26.07.2005: Wir rollen durch flache russische Weiten. Den gigantische Fluß, den wir irgendwann überqueren, kann ich nicht zuordnen. Die Wolga kann es nicht gewesen sein, denn die sollten wir bereits Nachts überquert haben. Später würde ich ihn als die Kama identifizieren. So breit hatte ich sie mir nicht vorgestellt.

Die Stunden fließen dahin. Es wird nachmittag und die Landschaft wird hügeliger - Vorboten des Ural. Es bleibt für Stunden bei dieser landschaftlichen Prägung. Es ist eine bewaldete Mittelgebirgslandschaft, relativ sanft, wie das Erzgebirge nur weniger Siedlungsdichte. Der Ural ist hier nicht sehr schroff, weiter im Norden wohl eher. Wir nehmen uns vor die offizielle Grenze zu Asien abzupassen, die durch einen Obelisken an der Bahnlinie markiert wird. Doch irgendwie verpassen wir ihn (2006 sehen wir ihn, und mir gelingt dann auch ein Foto). Es dämmert schon und schließlich rollen wir in Ekaterinburg ein.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass die russische Bahn die Namensvergaben aus Sowjetzeiten für Bahnhöfe (meist von den Städtenamen abgeleitet) beibehalten hat. Somit findet man auf allen Plänen der Russischen Bahn, aber auch auf Schildern am Bahnhof den Namen "Swerdlowsk" statt "Ekaterinburg" (oder "Gorkij" statt "Nishni Novgorod").

Per Definition ist Jekaterinburg eingentlich schon Asien zuzuordnen. Die Stadt selber sieht sich eher als europäisches Tor zu Asien. Für das alte Zarenreich war es das auf jedenfall: eine altehrwürdige russische Stadt mit Handels- und Bergbautradition und natürlich Vorposten der Zaren in Richtung Sibirien.

In der Dunkelheit nehmen wir es kaum war, dass die die Landschaft wieder flacher geworden ist. Wir rollen durch Westsibirien. Ich hatte mich schon schlafen gelegt, als wir irgendwann in der Nacht in Tjumen halten. Ich werde wach und schaue zum Fenster hinaus.

Das Foto zeigt nicht Omsk, aber wieder einen typischen Lokwechselhalt mit Verpflegungscharakter
Das Foto zeigt nicht Omsk, aber wieder einen typischen Lokwechselhalt mit Verpflegungscharakter.
Es ist eine reiche Stadt, das sieht man sofort und trotz der Dunkelheit. Das die westsibirischen Erdgas- und Erdölvorkommen haben diese Stadt reich gemacht. Moderne, teils protzige Gebäude gleiten vorbei: Einkaufszentren mit üppigen Leuchtreklamen, ausgebaute mehrspurige Straßen und sogar ein Eifelturm-ähnliches riesiges städtisches Wahrzeichen: ein stilisierter Riesenbohrturm von Scheinwerfern angestrahlt. Ich betrachte diese Szenerie von meiner Koje aus, bis der Zug aus Tjumen weiterrollt. Dann schlafe ich wieder ein.

Am Morgen des 27.7.2005 erreichen wir Omsk.

Richtung Ural

25.7.2005: Wir rollten in den Nachmittag, wir rollten in den Abend, wir rollten in die Nacht. Wir rollen unaufhaltsam in Richtung Osten. Viele tausend Kilomenter liegen vor uns.

Es ist eine sorglose Zeit. Man kann in hohem Maße entspannen und wer nicht der Typ ist für endloses Schauen aus dem Fenster, der sollte sich mit Lesestoff eindecken.

Verpflegungshalt
Auf längeren Halts wir auf dem Bahnsteig eifrig gehandelt und man kann sich umfassend verpflegen.
Natürlich wird auf dieser Zugfahrt auch angehalten, ziemlich oft sogar. Meist sind es Halts von nur einer bis drei Minuten, bei denen wenige Reisende zu- oder aussteigen. Bei solchen Halts ist es nicht vorgesehen, als Weiterreisender den Wagon zu verlassen. Aber alle 4 bis 5 Stunden hält der Zug länger - etwa 20 Minuten, oder mehr. Dabei wird üblicherweise die Lok gewechselt. Und da kann man auch den Wagon verlassen und sich auf dem Bahnsteig die Füße vertreten. Da diese längeren Halts meistens auch in größeren Städten stattfinden, ist hiermit auch wieder eine sanitäre Zone definiert und die Klos werden abgeschlossen (etwa 20-30 Minuten vor bis nach dem Halt). Dies kann man aber mit Hilfe der Stationspläne, die im Wagon aushängen, gut nachvollziehen. Die wichtigere Erkenntnis war aber: Diese Halts sind vor allem Verpflegungsstationen.

Verpflegungshalt
Dies ist unser Wagon. "Moskau-Tynda", Schlafwagenabteile 2ter Klasse. Die Bedeutung der Aufschrift "Ökonom Klasse" wurde uns erst am Abend offenbar: Sie beinhaltete eine warme Mahlzeit mit Getränken, welche von den Cateringpächtern des Speisewagens zu uns ins Abteil gebracht wurden. (und das, obwohl wir für unsere Tickets keinen Aufpreis für diesen Service bezahlt haben).
Der Bahnsteig ist voll von fliegenden Händlern, meist Frauen mit Körben und Taschen, aber auch professioneller wirkende Händler mit Ständen und Rollwagen.Verkauft wird alles, was ein Reisender so gebrauchen könnte und so manches, was er nicht braucht:

Essen, heiß oder kalt: Fertiggerichte, heiße und kalte Piroggen, Obst, Eingemachtes, Saure Gurken, Eis (im Sommer sehr passend!), Brot, Backwaren, Wurst und Käse.
Getränke: Bier, Kvas, Limonade, Mineralwasser, Cola, auch Wodka wenn gewünscht.
Sonstiges: Zeitschriften, Bücher, Zigaretten, Souvenirs, auch Leder- und Pelzwaren.

Die Preise sind normal, eher preiswert, vor allem, wenn man bei einem Großmütterchen Selbstangebautes aus dem eigenen Garten kauft.

Verpflegungshalt
Eine wichtige Einrichtung des Wagons ist der Heißwasserboiler. Hier bekommt man immer heisses Wasser für Tee, Kaffee oder eine heisse Fertigsuppe.
Man sollte dabei die Zeit nicht vergessen. Aber die Wagonbegleiter rufen dann auch lautstark, wenn der Halt zu Ende geht.

Eine wichtige Einrichtung des Wagons ist der Heißwasserboiler. Ursprünglich als Teewasserspender (also als fest installierter Samowar) konzipiert, konnte man nun außer Tee und Kaffee auch in sekundenschnelle eine heiße Fertigsuppe oder sogar eine 5-Minuten-Terrine aufbrühen (die man auch auf dem Bahnsteig bekommen konnte).

Wer aber den Wagonbegleitern ein kleines Zubrot bescheren will, kann auch bei ihnen Getränke und Süssigkeiten erhalten - auch hier sind die Preise moderat.

26.07.2005: In der Nacht entgeht uns leider der Blick auf den Kazaner Kreml. Der Zeitsplan der 76-ger Zuges kann auf der
Seite der Bahn gefunden werden. So rollten wir auch am nächsten Tag durch den europäischen Teil Russlands, damit unaufhaltsam auf den Ural und somit auf die Grenze zu Asien zu, die wir am Abend erreichen sollten.

Die lange BAM-Fahrt beginnt

Der riesige Wartesaal im Kazaner Bahnhof
Der riesige Wartesaal im Kazaner Bahnhof. Trotz der vielen Wartenden sind noch genügend Sitzplätze zu finden.
Wir hofften, auf dem Kazaner Bahnhof die Zeit bis zur Bereitstellung des Zuges auf irgendeiner Bank "verdösen" zu können. Diese Möglichkeit bot sich prinzipiell auch an - ein riesiger Wartesaal mit Sitzbänken. Obwohl er sehr voll wirkte, konnte man ausreichend freie Plätze finden - auch zusammenhängend für vier Personen. Obwohl die Akkustik in der gewölbeförmigen Halle zu einem dröhnenden Gemisch von hunderfachem Volksgemurmel, periodischen Lautsprecheransagen und dem Gedudel von in den Ecken platzierten Fernsehern wurde, obsiegte zumindest bei Johannes die Müdigkeit.

Es war gegen 10:00 Uhr, als wir diesen Wartesaal betraten. Um 14:00 sollte unser Zug (Nummer 76 Moskau-Tynda) losrollen.
Wir sprachen uns entsprechend ab, dass mindestens einer einen stetigen Blick aufs Gepäck hatte und wer nicht gerade versuchte, ein Nickerchen zu machen, streunte im Bahnhof umher.

An verschiedenen Kiosken kauften wir Brot, Wurst, Käse, Keckse, Piroggen, Kvas und Mineralwasser. An den Bahnsteigen (Der Kazaner Bahnhof ist, wie die meisten Moskauer Bahnhöfe, ein Kopfbahnhof) schauten wir immer wieder auf die große Anzeigetafel und versuchten auch einen Plan zu finden, auf dem das Abfahrtsgleis zu finden war. Etwas in dieser Art war jedoch nicht zu finden. Wie wir später erfuhren, sind die Abfahrtgleise üblicherweise nicht festgelegt und werden sehr kurzfristig vor Bereitstellung des Zuges angesagt, bzw. auf der Anzeigetafel ausgeschrieben (Was für Nichtsprachkundige wohl die einzige Informationsquelle ist).

Zurück zum Wartesaal. Der Tschetchenienkonflikt und die Anschläge in Moskau haben zu einer verstärkten Präsenz an Sicherheitskräften geführt. Das konnte man schon am Flughafen feststellen und hier auf dem Bahnhof sah man es auch. Milizstreifen schlenderten durch den Bahnhof und kontrollierten gezielt südländisch aussehende Personen.
Ich selbst verzichtete auf ein Schläfchen in der Hoffnung auf meine Koje im Zug und beobachtete das Treiben im Bahnhof.

Ein Hinweis für Personen mit schwacher Blase: es empfiehlt sich, auf dem Bahnhof nochmal die Toilette aufzusuchen, da die Zugtoiletten nach Abfahrt sehr lange (ca. 2h) geschlossen bleiben. Die Zugtoiletten sind nach dem Prinzip der offenen Entsorgung konstruiert (Klappe nach unten auf die Gleise), so dass in den sanitären Zonen von Großstädten die Toiletten von den Wagonbegleitern abgeschlossen werden. Für Moskau ist diese sanitäre Zone extrem weit gefasst.

auf diesem Foto habe ich mal den handyfonierenden russischen Businessman nachgeahmt - aber vor allem wird die Gemütlichkeit des Schlafwagenabteils deutlich
Auf diesem Foto habe ich mal den handyfonierenden russischen Businessman nachgeahmt - aber vor allem wird die Gemütlichkeit des Schlafwagenabteils deutlich.
Schließlich ist es soweit. Der Zug wird angekündigt und ausgeschrieben - weniger als 30 Minuten vor Abfahrt. Viele Reisende setzten sich in Bewegung und verteilen sich auf dem Bahnsteig. Es dauert nochmal etwa zehn Minuten, dann rollt der Zug ein.

Nun beginnt die typische Prozedur des Einlasses. Jeder Wagon wird nur an einem Ende vom jeweiligen Wagonbegleiter (meist Frauen - Provodnitza genannt) geöffnet. Nach einem Blick auf die Fahrkarten und den Pass lässt sie den Fahrgast passieren. Dies könnte man durchaus als Boarding bezeichnen. Ob die Fahrkarten und Pässe gleich einbehalten werden, oder später nochmal eingesammelt werden, hängt vom Andrang und den jewiligen Wagonbegleitern ab. In unserem Falle hieß es (da ich mich als russisch sprechend offenbarte): "Ich komme nachher zu ihnen und sie erklären mir, wie ihre Fahrkarten zu interpretieren sind". Ein klares Zeichen dafür, dass eine unbekannte Art von Fahrkarte nicht zu Zweifeln oder Diskussionen führt, sondern durchaus auf Vertrauen gesetzt wird, eine Erfahrung, die sich wiederholt bestätigte.

Wenn man zu viert in sein Abteil kommt und beginnt, das Gepäck zu verstauen und zur Ruhe zu kommen vergeht doch einige Zeit und man stellt auf einmal fest: der Zug rollt. Dann klopft schon bald die Provodnitza an der Tür des Abteils und nachdem alle Ticketfragen beantwortet sind, hat man mit dem Wagonpersonal praktisch schon Freundschaft geschlossen.

Nun kann das große Relaxen beginnen viele Tage Besinnlichkeit, Landschaften vorbei gleiten sehen, Schlafen und Essen.

Es geht los


Gruppenphoto in Strausberg bei Berlin vor der Abfahrt zum Flughafen Schönefeld
24.7.2005: Wir starten gegen Mittag. Mit dem Auto fahren wir von Achim nach Berlin und wollen dort das Auto bei einer Verwandten abstellen.

Bei ihr essen wir zu Mittag (es war allerdings schon später Nachmittag), lassen uns gemeinsam ablichten und werden schließlich zum Flughafen Berlin Schönefeld gefahren. Der Flug sollte kurz nach Mitternacht gehen, aber wir sind schon irgendwann gegen 21:00 Uhr am Flughafen.

Leider ist der Checkin für unsereren Flug noch nicht möglich, so dass wir am Abflugterminal warten, ohne dass wir in den (etwas gemütlicheren) Sicherheitsbereich kommen. Die Nacht würde kurz werden und der folgende Tag lang und hart - das ist uns jetzt schon klar.
Gruppenphoto in Strausberg bei Berlin
Flughafen Schönefeld - Warten am Check-In

Ja, da lob ich mir manchmal die Lufthansa, wo ich über Quick-Checkin oder gar zu Hause über mein LH-Login eine Bordkarte bekomme und ohne eine solche Einschränkung in den Sichrheitsbereich gelange.

Irgendwann gegen 23:00 Uhr begann das Boarding und wir durften nach der Sicherheitskontrolle (nochmal fast zwei Stunden) etwas bequemer warten. In einer Bar der Boardingzone tranken wir noch etwas (ich hatte ein Weißbier) zur späten Stunde und schließlich wurde ge-board-et. Ja, damit legten wir unsere Schicksal bis Moskau in die Hände der Aeroflot-Piloten.

Einige Tage zuvor hatte ich die Idee, ein Taxi in Moskau übers Internet zu reservieren und einen Deal für 3-4 Stunden zu machen. Sozusagen eine kleine Stadtrundfahrt zu organisieren. Dazu recherchierte hin und her und fand auch einige Seiten, wo man einen Van stundenweise mieten konnte. Ich handelte schließlich telefonisch ein Angebot aus, dass einen Van für 4 Stunden mit Abholung vom Airport Sheremetewo 2 beinhaltete.

Als wir in Moskau landeten, graute der Morgen, besser - er glühte im Morgenrot. Es war gegen 5:00 Uhr am 25.07.2005. Die Einreisekontrolle war ätzend, wie immer in Sherementevo II - an der Passkontrolle stets zu wenig Schalter geöffnet und Schlangen, die sich in Menschentrauben verloren.
Nachdem wir offiziell eingereist waren und unser Gepäck empfangen hatten, kämpften wir uns durch das Getümmel der Ankunftshalle und siehe da, ein Schild mit der vereinbarten Aufschrift.
Wir sprachen unseren Taxifahrer an und gingen zum Taxi, einem älteren amerikanischen Van. Ich fragte nochmal, ob ihm das mit den 4 Stunden bekannt sei. Er bestätigte es und ich erläuterte ihm die Route, die mir für unsere kleine Stadtrundfahrt vorschwebte:

  • Erstmal ins Stadtzentrum,
  • einmal über den inneren Ring (bei Gelegenheit Rubel tauschen)
  • Manegenplatz, Dzershinski-Platz, Taganka, Uferstraße bis Hotel Rossia,
  • roter Platz mit Halt und Spaziergang
  • Fahrt zur Kropotkinskaja (Halt an der Erlöserkathedrale)
  • Weiterfahrt zu Lomonossow Universität.
  • bei Gelegenheit Frühstück
  • Novodevitche-Kloster
  • Kutusovprospekt und poklonnaja gora
  • Schließlich nochmal durchs Stadtzentrum zum Kazaner Bahnhof.
Ihm wars recht und wir fuhren los. Die Sonne war gerade erst aufgegangen und im Gegensatz zum Trubel am Flughafen war die Stadt noch menschenleer.

Die Straßen Moskaus sind am frühen Morgen noch verwaistund auch der rote Platz ist noch menschenleer
Die Straßen Moskaus sind am frühen Morgen noch verwaist und auch der rote Platz ist noch menschenleer
Der Versuch, an einem Geldautomaten Rubel zu bekommen, scheiterte, sowohl mit EC-Karte als auch mit Kreditkarten. Wir tauschten später in einer Wechselstube Euro-Bargeld. Auch am roten Platz wirkte noch verwaist. Wir hielten in der Nähe des Hotel Rossia an und spazierten über roten Platz.

Vor dem Eingang zum Kazaner Bahnhof
Vor dem Eingang zum Kazaner Bahnhof am Komsomoskaja Platz, dem Platz der drei Bahnhöfe
Dann ging es weiter zur Kropotkinskaja, um einen Blick auf die Erlöser-Kathedrale zu erhaschen. Wir spürten immer stärker, dass die kurze Nacht ihren Tribut zollte.
Weiter ging es zu den Leninbergen auf den Balkon Moskaus und zur imposanten Moskauer Lomonossow Universität, dem gigantischsten von 7 Stalinhochhäusern in Moskau. Hier beschlossen wir, einen Spaziergang zu machen und an einem Straßenimbiss zu frühstücken.
Der Spaziergang munterte zwar etwas auf, aber das Essen machte wieder müde. Die zunehmende Sommerhitze machte sich ebenfalls bemerkbar. Ich trank meinen ersten Kwas, seit langer Zeit.

Wir fuhren in etwas geänderter Reihenfolge erst zum Kutusowprospekt bis zum Memorial (Gedenk-Komplex) "Poklonnaja Gora" und von dort wieder stadteinwärts zum Novodevitche Kloster, wo wir auch wieder einen Spaziergang durch die Anlage machten. Der Taxifahrer wartete immer brav, doch schließlich konnten wir nicht mehr vor Müdigkeit und orderten: "Kazaner Bahnhof".