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Fragen zum Reisen an den Baikal? Im Forum "Abenteuer Reise" antworten die Autoren des Blogs.

Ein Projekt wird geplant

30.11.05: Ein Dank an die modernen Kommunikationsmittel! Nachdem die Idee einer Hängebrücke mich immer stärker beschäftigte und wir auf unserem Nachtreffen in Brotterode dieses Thema bereits in den Raum stellten, spürte ich, das mich diese Idee nicht loslassen würde. Mehr noch, sie war bereits zur Vision geworden und nahm die Konturen eines Projektes an. Ich recherchierte im Internet solche Themen, wie „Hängebrücke“, „Brückenbau“, „Statik“ oder „Seiltechnik“. Es gab ja auch den Tipp von Tom Umbreit: „Reich doch Dein eigenes Projekt ein“. Und so nahm ich E-Mail-Kontakt zu Aljona vom GBT in Severobaikalsk auf.

Erinnerung an Khakusy 2005: Das Flüsschen nach dem Regen
Erinnerung an Khakusy 2005: Die Mündung des Flüsschens in der Abendsonne.
Ihre Antwort war herzlich. Sie freute sich, von mir zu hören und fand die Idee von Brückenbau sehr gut. Sie betonte auch, dass unsere russischen Freunde aus dem Camp vom Vorjahr mit Begeisterung wieder mit dabei wären. Gleichzeitig dämpfte sie meine Erwartungen mit folgenden Fakten: Die Camps für das Jahr 2006 seien schon beantragt. Ein neues Projekt einzureichen sei schwierig. Des weiteren wird ein Camp am Frolicha-See nicht möglich sein, da es unüberwindliche Zerwürfnisse mit der Leitung des Naturreservates gäbe. Das war erst mal eine Enttäuschung für mich.

Dennoch entspann sich ein reger E-Mail-Austausch, infolge dessen sich folgende Situation herauskristallisierte:
Ein weiteres Projekt ist grundsätzlich machbar, wenn sich die Gruppe unschwer rekrutieren lässt, ausreichend ausländische Freiwillige teilnehmen und im Vorfeld ein reales technisches Projekt erstellt wird. Das sahen wir als machbar an. Darüber hinaus musste ein Ort gefunden werden, wo dieses Projekt sinnvoll und erwünscht wäre. Hier kommen nun die Verbindungen der Marjasows nach Chakusy zum tragen.

Die Überquerung des angeschwollenen Flüsschens über den glitschigen Stamm war mit vollem Marschgepäck nicht ganz ungefährlich.
Die Überquerung des angeschwollenen Flüsschens über den glitschigen Stamm war mit vollem Marschgepäck nicht ganz ungefährlich. Hier sollte nun nach Aljonas Aussage die Brücke hin.
Aljona schrieb: Ihr kennt den Fluss, um den es geht. Während Eures Ausfluges nach Chakusy im vorjährigen Camp habt ihr ihn auf riskante Weise nach einem Regen mit vollem Gepäck auf einem glitschigen Baumstamm überqueren müssen. Der Fluss ist vielleicht nicht so eindrucksvoll, wie die "untere Frolicha", aber eine Brücke wäre hier von großem Nutzen und wird auch von der Verwaltung des Chakusy-Sanatoriums sehr gewünscht. Meine Eltern haben gute Verbindungen dorthin und haben die Sache mit der Leitung von Chakusy bereits abgesprochen.

Nachdem wir uns also damit abgefunden hatten, dass das Projekt nicht am Frolicha-See verwirklicht werden kann, begannen wir, an dem Gedanken Gefallen zu finden, in direkter Nähe der heißen Quellen von Chakusy die Brücke zu bauen. Die Vorteile lagen auf der Hand: weniger beschwerliche Materialtransporte, Unterstützung durch die Verwaltung von Chakusy, Entspannung in den heißen Quellen und wenn das Wetter uns nicht gewogen sein sollte, Unterschlupf in einer der Blockhütten des Sanatoriums. Alles in allem keine schlechte Sachlage.

Eine Idee reift heran

30.11.05: An das Camp am Ufer der Ajaja-Bucht habe ich die schönsten Erinnerungen. Wir waren eine Truppe in Harmonie, Freundschaft und Ausgelassenheit. Die absolute Nähe zur Natur war grandios. Zurück in Deutschland trug ich die Erinnerung an diese Zeit als ein ständiges Hochgefühl in mir und sah ständig die Landschaften vor mir, die wir hautnah erlebt hatten. Auch die Gesellschaft der ausgelassenen jugendlichen Truppe vermisste ich oft.

Erinnerung an das Camp 2005: Regina und ich am Frolicha-See.
Erinnerung an das Camp 2005: Regina und ich am Frolicha-See.
Der anfängliche Entschluss, diese Reise als ein einmaliges Erlebnis hinter uns zu lassen und im nächsten Jahr etwas völlig anderes zu unternehmen, wich langsam dem Wunsch, doch noch mal an den Baikal zu fahren, am liebsten wieder an die Ajaja.

Dieses Gefühl wurde durch das Nachtreffen des Baikalplan in Brotterode vertieft. Ich erinnerte mich an jenen Tag, an dem Regina und ich zum Frolicha-See gewandert sind, um dort einfach mal ein paar Stunden an Ufern des Sees die Natur zu genießen und die Seele baumeln zu lassen. Am gleichen Tag machten sich Helmut, Oliver und Andrej auf eine etwas ehrgeizigere Tour auf: Sie wollten bis zur unteren Frolicha, dem Ablauf des Frolicha-Sees gehen, diesen überqueren und weiter das Nordufer des Sees entlang wandern.

Der Weg von der Ajaja-Bucht zum Frolicha-See, gabelt sich unmittelbar vor dem westlichen Ende des Sees. Der Pfad der in südlicher Richtung führt, ist gut begehbar und führt in Ufernähe bis zu einer Stelle am See, die sehr gut als Lagerstelle auch für größere Gruppen geeignet ist. Weiter am Südufer entlang verliert sich der Pfad.

Erinnerung an das Camp 2005: Alle packen an.Erinnerung an das Camp 2005: Alle packen an.Erinnerung an das Camp 2005: Ausgelassenhaeit am Lagerfeuer an der Ajaja-Bucht.Erinnerung an das Camp 2005: Ausgelassenhaeit am Lagerfeuer an der Ajaja-Bucht.Das Ende einer Wanderung: Der Frolicha-Fluß - hier müsste eine Brücke hin.
Das Ende einer Wanderung: Der Frolicha-Fluß - hier müsste eine Brücke hin. (Foto: Helmut Uttenthaler)
Oliver, Helmut und Andrej folgten dem nördlichen Zweig. Einige hundert Meter weit ist der Weg noch gut. Wir selbst haben ihn in den vergangenen Tagen hier bis zu einem „Simovje“, einer Rangerschutzhütte gesäubert und begehbar gemacht. Weiter in Richtung Norden jedoch mussten sie sich durch das Unterholz schlagen, denn der Pfad war nur noch zu erahnen. Erlengesträuch und Krüppelzedern wachsen sehr schnell in den lichten Raum, den ein unbenutzter Pfad bietet und versperren ihn kreuzweise, wie die Lanzen einer Palastwache, von umgestürzten Bäumen ganz zu schweigen. Über eine Stunde vergeht, bevor sie auf das steinige Bett des unteren Frolicha-Flusses treffen. Er ist immer noch ein stattliches Wildwasser, obwohl es seit Wochen nicht mehr geregnet hat. Je näher sie dem Fluss kamen, umso klarer wurde: Hier gibt es keine Möglichkeit, leichtfüßig hindurchzuwaten. Daran änderte sich auch nichts, nachdem sie noch ein gehöriges Stück am Fluss entlanggelaufen waren. Andrei testete immer wieder mögliche Watgänge oder Furten. Schließlich passiert es: Bei einem neuerlichen Angriff, den Fluss an einer vermeintlich seichten Stelle zu durchwaten, rutscht er aus und nimmt unfreiwillig ein Vollbad. Der Gaudi ist riesig, aber das Vorhaben wird für gescheitert erklärt. Schließlich müsse man auch auf dem Rückweg den Fluss wieder durchqueren und das wolle man sich auf einer entspannten Tagestour doch nicht antun. So blieben Sie noch ein Weilchen am Fluss und traten dann den Rückweg an.

Dieses Erlebnis kenne ich nur aus den Schilderungen der drei. Aber es machte mir mehrere Dinge klar.
Ersten: Ich selbst habe die „untere Frolicha“ nicht gesehen, was mich etwas traurig stimmt. Aber, was nicht ist, kann ja noch werden.
Und zweitens: Dieses Flüsschen ist eine mehrfache Herausforderung, einmal für jene, die vom Norden her den Baikal entlang wandern und zum anderen für jene, die den Frolicha-See nördlich umwandern wollten. Beides aus Sicht des „Great Baikal Trails“ höchst attraktive Routen. Drittens aber, für mich persönlich: Eine Querung über den Fluss zu schaffen, der Wanderern einen sicheren Übergang ermöglicht und gleichzeitig so reizvoll erscheint wie die Landschaft selbst, in die sie sich einbettet: Eine Hängebrücke.

Neue Pläne im Herbst

5.11.05: Nach unserer Heimkehr dauerte es nicht lange, da kam auch schon wieder die Lust auf Abenteuer auf. Ursprünglich hieß es: Nächstes Jahr machen wir etwas ganz anderes. Aber dann kam die Einladung des Baikalplan zum allherbstlichen Nachtreffen der deutschsprachigen GBT-Camp-Teilnehmer in Brotterode und die Thematik "Baikal" wurde wieder präsent.

Brotterode: Wanderung zum großen Inselsberg (hinter mir läuft Andrej Suknew vom GBT den Weg hinauf)Brotterode: Wanderung zum großen Inselsberg (hinter mir läuft Andrej Suknew vom GBT den Weg hinauf).Brotterode: Viele Teilnehmer aus Deutschland, Österreich der Schweiz und Liechtenstein sind gekommen.Brotterode: Viele Teilnehmer aus Deutschland, Österreich der Schweiz und Liechtenstein sind gekommen.Brotterode: Zum Ende der Wanderung kam sogar die Sonne heraus.
Brotterode: Zum Ende der Wanderung kam sogar die Sonne heraus.
Das Treffen fand in einer Jugendherberge direkt am Rennsteig unterhalb des großen Inselsberges statt. Der Ablauf war von den Baikalplaner wie folgt gedacht:
Freitag (4.Nov'05) war Anreise und zwangloses Zusammensein in Gastwirtschaft.
Samstag nach dem Frühstück sollte eine kleine Wanderung über den großen Inselsberg stattfinden. Am Abend war in der Gastwirtschaft ein Vortrags-Abend geplant, bei dem verschiedene Teilnehmer über ihre Camps berichten konnten.
Am Sonntag war dann die individuelle Abreise geplant.

Wenige Tage vor dem Treffen rief mich Tom an und hatte eine Bitte. Andrej Suknew, der Gründer des GBT sei in Kiel zu einer Schulung und wolle die Gelegenheit nutzen, zum Treffen in Brotterode hinzuzustoßen. Es sei einfacher für ihn, nach Bremen zu kommen und dann mit uns ins Thüringische zu fahren. Das würden wir selbstverständlich machen, versicherten wir Tom und nahmen daraufhin mit Andrej Kontakt auf. Wir klärten, wann sein Zug am Freitag in Bremen eintreffen würde und so holte ich ihn vom Bremer Hauptbahnhof ab.

Zunächst fuhr ich mit ihm in meinem alten Opel Omega zur Avis-Autovermietung um dort eine Miles&More Prämie - ein Mitwagen-Wochende - einzulösen. Ich erhoffte mir davon, diese Fahrt spritsparender und in einem moderneren Auto zu absolvieren. Es war ein Seat Toledo. Wir fuhren daraufhin nach Achim, um Regina abzuholen und gerieten am Bremer Kreuz prompt in einen Stau.

Nachdem wir Regina bei uns zu hause abgeholt hatten ging es dann aber staufrei und zügig über die deutsche Autobahn in Richtung Thüringen. In Brotterode waren wir zwar nicht die Ersten, aber Tom war noch nicht da. Trotzdem konnten wir auch für Andrej die Zimmerfrage klären und so allmählich trudelten weitere Teilnehmer und auch der Baikalplan-Vorstand ein. Der gesellige Abend nahm seinen Lauf. Wir lernten nun endlich auch einige "Berühmtheiten" aus der MDR-Reportage über den GBT kennen, wie z.B. die Familie Walter. Besonders freuten wir uns natürlich über das Wiedersehen mit den Teilnehmern aus unserem Camp, vor allem mit Oliver. Helmut holten wir sogar noch vom Bahnhof mit dem Auto ab.

Damit begann auch schon das Schmieden von Plänen. Diese Ideen begleiteten uns neben den Erinnerungen an unser Camp das ganze Wochenende, an den Abenden und während der Wanderung. Auch Tom bekam unsere aufgekratzten Planspielchen mit und empfahl, doch ein eigenes Projekt einzureichen. Auch Andrej bestärkte uns darin. Allerdings hörte ich bei ihm den Wunsch und die Empfehlung heraus, doch auch mal ein Camp am Südbaikal, von Irkutsk oder Ulan-Ude aus in Betracht zu ziehen.

Wir wollten natürlich wieder zu Ajaja-Bucht. Was wir im Camp 2005 vermissten, war das Errichten von Infrastruktur, wie Brücken oder Rastplätze. Wir hatten im Grunde nur den Trail von Buschwerk befreit und uns durch den Wald gehackt. Daher wünschten wir uns eine mehr schöpferische Aufgabe.

So verging ein sehr erlebnisreiches und aufschlußreiches Wochenende und wir trennten uns mit einem Gefühl von Inspiration und Tatendrang